Die Trotteldichte...

...ist auf der Welt (jedenfalls in der von HvG weit bereisten) überall gleich. Sagte er. Einspruch! Zeitgleich dieses außergewöhnlichen Events muss irgendwo auf der Welt eine Erhöhung der Trotteldichte vorgelegen haben – denn vor Ort, vor dem BühnenWohnContainerSchiff waren garantiert keine.

Hä? Hubert von wem? Stirninfaltenleg und Kopfkratz…. ach soooo, ja, schon mal gehört den Namen, vor Ewigkeiten, aber nicht einen Ton… Überredungskunst nicht erforderlich. Mich beeindruckt diese Idee und die Durchführung!!, Europa mit dem Schiff zu bereisen, die Langsamkeit zu entdecken, die andere Sicht aufs Land, Menschen und Fluss, ein bemerkenswerter Weg… Zudem ist ein des Pflegens der feinen Musikkultur abseits des Karnevalgedöns und deshalb hochgeschätzter Musiker mit großem Besteck – sprich Band-Entourage, was selten genug vorkommt, aufm Schiff. Der versteckt seine Schädeldecke wenigstens nicht unter so einem albernen Hut. Pflege der Heimatlieder als möglicher gemeinsamer Nenner.

Nun ja, es wird ein unerwartet langer Abend. Ich koste ihn aus bis wahrhaft über die Schmerzgrenze. Jächt und seine Mannen Hocker, Fritz, Krumminga und vertretungsweise die Herren Kopal und Mages, betreten die Schiffsplanken, geben wie gewohnt schlagfertig, musikbesessen und absolut von reinster Qualität den Opener - korrekterweise mit Arche Noah. Sie arbeiten sich durch viele Musikjahre. Die ungewohnt große Distanz ist nicht wirklich schlimm. Hüben hats jede Menge Strom und Dezibel, drüben zum Lärmen bereites Volk. Alles was Herz und Auge begehrt wird aufgeboten, ich bin vom Fleck weg ausm Häuschen und dankbar für jeden Schuss Adrenalin, der da ans Ufer bricht. Eine gute halbe Stunde nur, das hätte gut und gern länger sein dürfen, vor allem hätte ich es lieber am Ende der Magnumshow genommen – diese Erkenntnis kommt zwingend. So hat den Schlusspart Herr WN aus K. bekommen, Zeitkonto ist nicht ganz ausgeglichen und außer mit ein paar von den guten alten Tondokumenten und einem der seltenen Frühwerke hat er nicht nur mir nicht so recht Freude bereitet, er war der schwächste Teil im Sandwich. Aber bei solch zwei Kollegen ist das ja keine Schande. Und wer glaubte, er könne da nix kaputt machen, sah sich mitunter eines Besseren belehrt. Nicht alles geht zusammen nur weil es auf der Bühne stattfindet. Und aus alt mach neu-Veränderung wird halt nicht gutgeheißen, wenn sie schlecht gemacht ist.

Es gibt kein deutsches Wort für Showtime bläst HvG über die nicht vorhandene Reling und ich weiß jetzt, was gemeint ist, wenn von „Alpenrock“ die Rede ist! Ab genau jetzt gings fachgemäß hoch schräg rockig heimatlich balladig und höchst abwechslungsreich her. Hat mir alles durchweg richtig gut gefallen, das war so recht nach meinem Geschmack! Diese Band um Hubert von Goisern hat einen vom Leder gezogen, dass einem die Augen stehen blieben und die Ohren vor Freude sausten. Kernig, deftig, oberpotent, mit allen kreativen Wassern gewaschen, inkl. schrägem Outfit  und drei Schupp-schupp-Girls, die sich als quirlige Tänzerin, wieselflinke Percussionistin und hochreine bis in die höchsten Töne saubere Jodelkönigin entpuppen. Da etablierte sich eine spezielle musikalische Subkultur jenseits der gängigen Liedermacherkultur im Mozart- und Haydn-Land, und siehe da, dieses Biotop gedieh prächtig. Kein Wunder, ist doch der Chef eine Instanz an sich, ein echter Typ, der Typ. Und keine Sekunde klingt es altbacken, dröge, aufgesetzt, sondern absolut stimmig, mit unglaublicher Power und Spielfreude. Da passt zusammen, was bei anderen knatschig klingt – auch das Alpenglühn im Hintergrund - hier ist’s fett rockig und druckvoll, Akkordeon meets E-Gitarre, Geige trifft auf diverses Gebläse, Drums streiten mit Percussion, Bässe donnern gegen Huberts Stimme. Zwei Stunden Rock und Balladen sogar vom Feinsten, zwischendurch ein paar höchst zutreffende, bemerkenswerte Sätze aus dem Reisetagebuch eingestreut, sehr sympathisch, menschlich, aufmerksam zugehört und beobachtet. Ein Kompliment noch an das Mädel Darinka Tsekova aus Bulgarien, mit dieser Gadulka, sie hat hübsche Farbtupfer gesetzt, passt ziemlich gut in diese „verrückte“ Truppe. Den finalen Schlusspunkt setzen sie mit – natürlich – einer Dylan-Nummer, megaoft interpretiert, diesmal in einer satt-saftigen rund und kraftvoll gerockten Version mit allen Mannen und Frauen an Bord, fertig zur Deckwache, gemeinsam gegen die Trotteldichte, Für immer Jung - aber halllloooo!

Christel Amberg-Wiegand für www.erlebtemusik.de