11.02.2011

Fotoalbum



Die Musiker:
Norbert Nagel- Klarinetten, Saxophon
Jurij Kravets - Akkordeon, Vibrandoneon
Norbert Meyer-Venus -Kontrabass
Roland Duckarm - Perkussion


Ensemble JuNo live - Mühlhausen (Kraichgau)

Danke an Christel für die Nachbetrachtung

Ein musikalisches Erlebnis: Junge ukrainer und Närrische oberpfälzer

Der Hausherr spricht in seinen Begrüßungsworten aus, was generell höchst bedauerlich ist und für heute Abend also quasi die Ausnahme darstellt: Wir bekämen eine Rarität geboten - das liege an der Qualität der Künstler. Und dies ist beileibe kein leeres Versprechen. Ich sehe und höre mit welch großer Freude die Musiker ihre Kunst zelebrieren, mal bin ich bass erstaunt, mal tief berührt und bewegt im wahrsten Sinne. Bei soviel Leidenschaft kann ich mich einfach nicht nicht bewegen. Das geht anderen auch so. Die Herren da oben sehen das und schon entfacht diese Energie ein immer größeres Feuer. Nix von ihr da oben und wir hier unten. Toll, dass das Publikum nicht einen auf vornehm macht. Bravo-Rufe und Standing-Ovations sind sicherlich keine Selbstverständlichkeit.

Meine Premiere in die JuNo-Welt ist voller Überraschungen und Aha-Erlebnisse. Ich bin fasziniert von der Unbeschwertheit, wie die Vier wie selbstverständlich quer durch Jahrhunderte und Diagonal über Musikrichtungen- und -zeiträume spielen und wie raffiniert sie mit unendlicher Improvisationslust alles miteinander verbinden. Grenzen gibt es nur in Scheuklappenköpfen und so einen hat niemand hier im Saal. Ich beginne zu verstehen (des Volkes Musik). JuNo berühren mich durch ihre Leichtigkeit und luftige Interpretationen ohne Effekthascherei und Donnerhall, aber mit herzerfrischender Spielfreude und Virtuosität. Meine Ohren sind überwältigt. Meine Augen können oft nicht das Tempo mithalten, wenn Norberts Finger temperamentvoll die Klarinetten und Jurijs über die Tasten (oder sind es Knöpfe?) fliegen. Rolands Finger huschen, flitschen, streichen, klopfen, wischen, die Besen berühren kaum Felle und Becken und als diese nicht reichen, springen die Hände in die Höhe und spielen dort weiter, soviel Power steckt in ihm. Dieses „Drum-Solo“ auf einem Becken und einer Rahmentrommel sucht seines Gleichen. Dabei ist er der leiseste, minimalistischste Schlagzeuger (Schlagzeuger??), dem ich je zuhören durfte. Neben Piazollas neuem Tango, beseelt, Anatevkas Geiger auf dem Dach, großes Kino, und klezmerisch Angehauchtes voller überschwänglicher Lebensfreude und Melancholie, begegnet mir J.S. Bach heute mehrfach. Allem voran in Jurijs sensationeller Interpretation der Toccata. Völlig eingetaucht in dieses Masterpeace der Musik und Übereinstimmung in 300 Jahre Musikgeschichte. Himmel! Vor lauter unfassbarem Erstaunen vergesse ich fast zu atmen und eine Gänsehaut überfällt mich von Kopf bis Fuß.

Wenn Norbert kurzweilig und unterhaltsam von seinen musikalischen Kinderschuhen und den unterschiedlichen Lebensläufen seiner Mitspieler erzählt, wird mir klar, was JuNo umtreibt: sich von althergebrachten Mustern verabschieden, musikalische Grenzen überwinden, die bestmögliche Interpretation, aber bei aller Perfektion die Spielfreude nicht vergessen. Ich weiß, das sind mind. zwei Paar Schuhe: denen sei JuNo ans Herz gelegt, die Scheu vor strengem Orchesterbetrieb und dessen Ritualen haben. JuNo durchbricht diese Wand und transportiert mit Liebe und Hochachtung und größtem Vergnügen (braucht es auch Mut?) nicht nur die Klassik ins Heute. An diesem Abend konnte ich mehrmals die berühmte Nadel fallen hören, die Zeit scheint still zu stehen bis der letzte Ton nur noch eine Ahnung ist und kostbare Augenblicke darüber hinaus, bevor ein begeisterter Applaus die Stille bricht. Ich komme wieder, versprochen!